Der Goldkeller auf dem Löbauer Berge.
Eine Sage.
Auf Löbaus Bergeswarte,
Dem ſteilen Gipfel nah,
Gewahrt ein ſpähend Auge,
Was nirgends ſonſt es ſah.
Am Sankt-Johannistage,
Wenn lau die Lüfte wehn,
Beim zwölften Glockenſchlage
Kann man dies Wunder ſehn:
„Es weitet ſich zum Keller
Ein enger Felſenſchacht,
Draus ſtrahlt im Zauberglanze
Glutroten Goldes Pracht.
Doch heller als des Schatzes
Verlockend Schimmern dort
Erglühn die Flammenaugen
Des Wächters bei dem Ort.
Enteil’ dem Goldeskeller,
Wenn Habſucht dich bethört;
Doch wenn du reinen Sinnes,
Biſt du des Schatzes wert.
Nur aller hundert Jahre
Einmal geſchiehet dies;
Denn ſelten ſind die Grüße
Vom fel’gen Paradies.“ —
So klingt die alte Sage
Aus grauer Ahnenzeit
Wie eine ſtille Klage
Um einſt’ge Herrlichkeit.
Ernſt Linke.